Zauberland…

… so heißt übersetzt „Töwerland“, wie die Insel Juist von den einheimischen genannt wird. Über Silvester waren wir nun schon zum insgesamt fünften Mal auf unserer Lieblingsinsel. Töwerland – nimmt uns gefangen, fängt uns auf, lässt uns mit ihrem Zauber nicht mehr los. Doch warum ist das so?

Me, myself and i

Zunächst einmal fängt es damit an, dass wir schon beim letzten Stück der Anreise entschleunigen müssen. 90 Minuten benötigt die Frisia II oder IV oder … egal, die Fähre eben, vom Festland, der Mole in Norddeich bis sie erst einmal in Richtung Ostspitze der Insel fährt und dann an dem schmalen Eiland entlang tuckert, bis sie dann einen Schwenk machen kann und kerzengrade in den Hafen einfährt. Sie fährt nur einmal am Tag und die Uhrzeit wird von den Gezeiten vorgegeben. Wenn viele Gäste an- oder abreisen, gibt es manchmal ein Vorschiff – dann ist man „schneller“ hüben oder drüben. Denen das noch wichtig ist, ist aus meiner Sicht nicht mehr zu helfen (außer sie fahren Bahn, dann verstehe ich das – die Verbindungen sind manchmal knapp).

Zugegeben, nicht immer entspricht die Uhrzeit meinem normalen Tagesrhythmus, denn es kann schon mal sein, dass man um 6:30 Uhr am Fähranleger sein muss. Wann wir dann los fahren müssen, um die 530 km zu bewältigen und auch noch rechtzeitig da zu sein, lässt sich leicht errechnen. Die einzigen Zwei, die „humane“ Zeiten total doof finden, sind unsere Kinder – die lieben es, wenn es nachts los geht, sie geweckt werden und mehr oder minder im Schlafanzug ins Auto dürfen.

Strandkiter auf Juist Januar 2019

Endlich am Ziel, kann man nur hier, einfach seinen Koffer in einen unbeaufsichtigen, kleinen Container auf Rollen schieben, sein Auto auf einem der großen Parkplätze abstellen, 10 Minuten zurück laufen und gemütlich auf die Fähre gehen. Dann nur noch warten bis es los geht.

Nur Fine merkt sich immer die Nummer des Containers und hat Argusaugen darauf. Sie hat noch Angst, dass wir irgendwann die Koffer nicht mehr finden. Ich nicht, ich wundere mich einfach, dass überall auf der Welt man seinen Koffer nicht aus den Augen lassen darf, ob Diebe oder Bombenalarm auf Flughäfen und Bahnhöfen ist dabei erst einmal egal. Alles schaut immer nervös ob der Koffer noch da ist, nur hier nicht…

Am anderen Ufer angekommen wird der Koffer auf jeden Fall wieder von der Fähre bugsiert. Bevor er dann in eine Handkarre oder auf ein Pferdefuhrwerk gepackt der Urlaubsunterkunft entgegen rollt.

Strandspaziergang Juist Januar 2019

Das Geklapper von Pferdehufen und Kutschen ist allgegenwärtig – das einzige Fortbewegungsmittel auf der Insel – abgesehen von Fahrrädern. In der Regel ist man aber per pedes unterwegs. Das entspannt ungemein. Nach den ersten beiden Tagen weiß jeder wie lange der Weg von Unterkunft zu Bäcker oder Supermarkt, von Strand zur Fischbude, vom Teehus zum Bötchenteich ist. Stau? Parkplatzproblem? Benzinpreise? Das sind Probleme, die sich hier nicht ergeben. Ob Müllabfuhr, Baumaterial oder neue Ware für den Supermarkt – alles kommt mit der Kutsche. Die einzige Ausnahme ist die Feuerwehr und der Arzt. Ob Tanja Krüger, Polizeioberkommisarin bzw. Dorfsheriff das Blaulicht auf ihre Hundedame Emma schnallt oder einen Streifenwagen hat weiß ich nicht. Außer als aktive Teilnehmerin beim Silvesterlauf habe ich sie bisher noch nicht im „Einsatz“ gesehen.

Sobald es keine Frage mehr ist, ob man läuft oder mit dem Auto fährt ist auch kein Weg zu weit oder die Zeit zu knapp. Komisch, oder? Meine Fitnessuhr war diese Woche wieder mal Lieferant erstaunlicher Daten (ja lacht nur, ich und ne Fitnessuhr ist schon der Widerspruch in sich. Mein Mann meinte aber „man“ braucht sowas). Ich bin 80 km gelaufen, rund 97.000 Schritte, sagt das schlaue Ding. Auf einer Insel, die insgesamt nur 17 km lang ist, an der schmalsten Stelle 500m und an der breitesten 900m, schon ne Leistung, finde ich. Wobei ich durch das Teil allerdings auch weiß, dass ich auch zu Hause etwa 8.000 bis 10.000 Schritte/Tag laufe – da ist aber die Gassirunde mit drin.

Unabhängig davon lieben wir die steife Briese, lecker Labskaus, am Strand buddeln bei 14 Grad, Muscheln suchen, zur Bill mit der Kutsche fahren, Rosinenstuten mit Butter und Milchreis mit roter Grütze essen, am Strand zurück laufen, Matjesbrötchen und vieles mehr … doch dazu bei einem nächsten Beitrag mehr. Wenn Euch das gefällt.

Wir waren bisher nur zu Zeiten auf der Insel, zu der andere Leute nach Flügen in den Süden googeln. Ostern, Herbst, Winter. Den Sommer haben wir bisher ausgelassen und so wie es aussieht bleibt es auch so. Juist hat pro Jahr ca. 130.000 Feriengäste, die durchschnittlich eine Woche bleiben. Dazu kommen – Achtung – 10.000 Feriengäste auf vier Beinen, sprich Hunde. Mit denen will ich mir im Sommer ehrlich gesagt nicht den Strand teilen. Und das obwohl – oder auch gerade weil wir auch einen Hund haben.

Denn nun sind wir ja seit einem Jahr und ebbes auch stolze Hundebesitzer – doch eine „Hundefreundliche“ Insel bringt halt mit sich, dass auch viele Hunde dort mitgebracht werden (siehe oben). Unser Rabauke, ein Labradoodle standard, xy cm hoch (wen interessiert das schon, er ist riiiiesig) und 35kg schwer, gerade mit 16 Monaten mitten in der Pupertät, hat mir in den ersten drei Tagen in diesem Urlaub ziemlich zu schaffen gemacht. In der Ankunfthalle fand er direkt 10 andere Rüden ziemlich doof. An Land meinte er dann, Schlittenhund zu sein, sprich zu ziehen wie blöd, wäre doch mal ne super Idee. Bei einem Hund mit 35kg Körpergewicht sagt der Fachmann, muss man mindestens das doppelte auf die Waage bringen, um ihn halten zu können. *hüstel* Das schaffe ich leider locker, dennoch war es tierisch anstrengend, im wahrsten Sinne des Wortes.

Sonnenuntergang Juist Januar 2019

Matjes und ich (der übrigens so heißt weil wir uns im Urlaub auf Juist bei Matjesbrötchen und Jever entschieden haben, dass ein Hund bei uns einziehen soll), haben in diesem Urlaub eine „Rosskur“ durchgemacht. Bisher immer in der Hoffnung, dass kooperative Erziehung mit „Schau“ und „Mama, darf ich ein Eis“ – also schön Blickkontakt mit dem Hund halten, Befehle erteilen und im Idealfall ein gutes Mensch-Tier-Gespann zu sein, hat sich innerhalb der ersten 8h zerschlagen. Ich war mit den Nerven am Ende und auch Matjes hatte die Schnauze voll. Ich habe – einer inneren Eingebung folgend – ein „Halti“ in den Urlaub mitgenommen. Statt ihn mit einer positiven Bestätigungserziehung in drei Wochen daran zu gewöhnen, musste er es innerhalb von 8h kapieren.

Wer das schon mal annähernd versucht hat, weiß was los war. Der Hund fand das Ding mehr als doof und pfötelte was das Zeug hielt. Sogar die eigene Nase hat er sich aufgekratzt – mir tat das mehr weh, als ihm. Doch ich schnappte mir den Hund jedesmal (am Halsband) und zog ihn mir bis auf Augenhöhe mit so einem klaren „nein“, dass ich mir bei Anfragen für die nächsten Kundenspendentheke unbedingt beibehalten sollte. Weitere 8h lang fand Matjes mich dann auch einfach nur doof, streicheln durften nur noch die Anderen. Aber jetzt. Jetzt schnurr die Katze, ähm der Hund, an meiner linken Seite im eleganten Pudeltrab, als hätte er nie was anderes gemacht.

Auch auf der Insel habe ich mich bei „meiner“ (Ex) Facebookgruppe des Züchters etwas ausgeheult. Weil ich das schon mal gemacht habe, meinte via PN die Züchterin aus Utzenhain (falls da jemand wissen will), ich solle den Hund, doch um des Hundes Willen, der Fairness einem Tier gegenüber und weil ich so ne Lusche in der Erziehung bin, zu ihr zurück bringen. War ich sauer. Ich sags Euch… da hilft von 30 an rückwärts zählen leider nicht mehr. Hab ich ihr auch gesagt. Mit dem Ergebnis, dass ich nun nicht mehr in der Gruppe bin. Aber was soll’s.

Strandspaziergang Januar 2019

Falls sie (die Züchterin) das jemals lesen sollte: Der Hund wird auch schon seit dem 8. Lebensmonat nicht mehr gebarft. Ohhh Gott! Keine biologisches artgerechtes rohes Futter mehr für den vom Wolf abstammenden „Pudel“. Nee. Er bekommt gutes (ich hab mich schlau gemacht) Fertigfutter. So, jetzt ist es raus. Man muss sich heutzutage nicht nur von seinen Eltern sondern auch von seinen Züchtern* emanzipieren. Soweit bin ich schon. Und wenn ich grad dabei bin: Ich habe auch den von der Impfkommission eingehaltenen Impfplan eingehalten …. mach ich bei meinen Kindern auch, warum also nicht hier? Und noch eins, fällt mir grad ein – nächste Woche gehe ich zum Tierarzt und bespreche mal ob eine Kastrationschip mal gut wäre, um zu testen, ob der Hund nicht doch bissl arg von Hormonen gesteuert wird. Vielleicht bin ich ja noch nicht so ne Lusche – vielleicht ist ja das Testosteron die Lusche.

Sodele, gut jetzt. Wo war ich? Bei Entspannung auf der Insel. Nach der Halti-Rosskur waren Matjes und ich dann wieder fein und der Urlaub geil. Wetter war super und die Wohnung übrigens auch. Soll ich Euch mal ein paar Tipps zu Wohnen, Essen und Einkaufen auf der Insel in einem nächsten Beitrag bringen? Ich muss jetzt, macht’s gut.

*Nachtrag. Die Züchterin ist gut, was das Ergebnis ihrer Arbeit betrifft. Doch ihre Art ist gewöhnungsbedürftig – aber man muss ja auch nicht mit seinem Autoverkäufer befreundet sein. Wie sagte der Kontrolleur an der Fähre zum älteren Ehepaar mit Welpen: „Haben Sie eine Fahrkarte für den Kinderwagen?“ Worauf diese meinten, dass sei doch das Gefährt für den Welpen und daher kostenfrei. „Ein Hund ist ein Hund, ein Kind ist ein Kind. Wenn Sie ein Kind transportieren ist es kostenfrei, für einen Hund nicht.“ Bei uns sind wir auch Frauchen und Herrchen und nicht Mama oder Papa und wenn mir eine Züchterin schreibt, dass ich ihr „Baby“ wieder geben soll, dann ist sie bei mir an der falschen Stelle. Sorry Leute.